Die Europäische Kommission wird im nächsten Jahr einen Vorschlag für eine Europäische „Agenda 21“ für den Tourismus vorlegen. Dies kündigte der EU-Kommissar für Unternehmens- und Industriepolitik, Günter Verheugen, am Montagvormittag im Ausschuss für Tourismus an.
Eine Expertengruppe sei dafür bereits einberufen worden. Ziel sei es, die Nachhaltigkeit zu fördern. Tourismus sei zwar einerseits mehr als nur ein Wirtschaftszweig, andererseits aber auch als Wirtschaftszweig etwas Besonderes, so der Gast aus Brüssel.
Er sei einer größten und wichtigsten ökonomischen Faktoren für Europa, und die Europäische Kommission müsse sich damit befassen, unabhängig von ihrer formalen Zuständigkeit laut EU-Vertrag. Seine „neue“ Tourismuspolitik versteht er als politischen Rahmen für alle Themenfelder.
„Wir wollen nicht die nationalen Politiken ersetzen, sondern zu ihrem Erfolg beitragen“, so der Kommissar. Der Grundsatz der Subsidiarität, wonach Brüssel nicht tätig werden soll, so lange die Mitgliedstaaten ein Problem selbst lösen können, werde dabei vollständig beachtet.
Einer der Schwerpunkte dieser neuen Tourismuspolitik ist nach Darstellung Verheugens der Bürokratieabbau. Die Kommission sei dabei, ihren vorhandenen Rechtsbestand zu überprüfen. Ziel sei es, etwa auf den Gebieten des Verbraucherschutzes oder des Verkehrswesens die Regelungen auf das „wirklich Notwendige“ zu beschränken, denn diese hätten Auswirkungen vor allem auf kleine Unternehmen.
Viele Jahre lang sei bei der Gesetzgebung zu wenig daran gedacht worden, dass die Bürokratiebelastungen für kleine Betriebe viel höher sind als für größere Unternehmen, sagte Verheugen. Bei der künftigen Gesetzgebung solle nicht nur nachgewiesen werden müssen,
dass sie erforderlich ist, sondern es sollten auch die Folgen für kleine und mittlere Unternehmen sowie einzelne Wirtschaftssektoren abgeschätzt werden.
EU-Qualitätsstandards für das Gastgewerbe lehnt Verheugen ab. Wenn die Wirtschaft dies wolle, solle sie dies selber organisieren. Die Kommission arbeite an einer Integration der Tourismuspolitik, einer Koordinierung der Politikansätze.
Als Beispiel dafür nannte er das Grünbuch zur künftigen Meerespolitik der EU. Seiner Ansicht nach muss sichergestellt werden, dass Tourismusaspekte künftig von Anfang an berücksichtigt werden. Verheugen setzt sich im Übrigen nach eigener Aussage dafür ein, dass touristische Aktivitäten mit den vorhandenen EU-Programmen so stark gefördert werden, wie dies nur möglich ist.
Ein angemessener Teil der in den unterschiedlichen Fonds der Europa versammelten Gelder sollten für die touristische Infrastruktur aufgewendet werden. Verheugen kündigte ferner an, dass ab 2007 jährlich ein Preis für bestimmte Tourismusangebote, die „European Destination of Excellence“, vergeben werden soll.
Dabei soll eine bestimmte touristische Spitzenleistung aus jedem EU-Staat hervorgehoben werden. 2007 gehe es dabei um den Tourismus in ländlichen Gebieten. Die 25 Vorzeigeprojekte sollen in Portugal ausgezeichnet werden.
Nach Ansicht Verheugens hat ein reduzierter Mehrwertsteuersatz für Hotel- und Gastronomiedienstleistungen einen arbeitsplatzschaffenden Effekt. Acht der 15 „alten“ Mitgliedsländer hätten dafür bereits den reduzierten Steuersatz eingeführt.
Die Möglichkeit, von den reduzierten Sätzen Gebrauch zu machen, bleibe in der Verantwortung der Mitgliedstaaten. In Deutschland gilt nach wie vor der volle Mehrwertsteuersatz für diese Leistungen.
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